Die Arzneimittelforschung und -entwicklung ist ein entscheidender Schritt in der pharmakologischen Forschung, der sich jedoch derzeit noch stark auf Tierversuche verlässt. Tierversuche werfen nicht nur ethische Bedenken auf, sondern sind auch teuer und zeitaufwendig. Um diese Probleme zu mindern, entwickelt Professor Patrick Müller von der Universität Konstanz mit seinem Team eine automatisierte Bewertungsmethode namens „EmbryoNet-AI“, die Tierversuche ersetzen und die Effizienz der Arzneimittelentwicklung erheblich steigern soll.
Professor Müller erhielt kürzlich vom Europäischen Forschungsrat (ERC) eine „Proof-of-Concept“-Förderung in Höhe von 150.000 Euro zur Unterstützung seines Forschungsprojekts. EmbryoNet basiert auf den Forschungsergebnissen seines „ACE-OF-SPACE“-Projekts. Die Software kann automatisch Entwicklungsstörungen bei Tierembryonen erkennen und verbessert so die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Erkennung erheblich.
Der Vorteil von EmbryoNet liegt darin, dass es nicht nur in der frühen Phase der Arzneimittelprüfung potenziell schädliche Substanzen identifizieren, sondern auch die Wirkmechanismen von Arzneimitteln analysieren kann. Müller erklärt, dass EmbryoNet sogar menschliche Experten in Bezug auf die Genauigkeit übertrifft. Das Forschungsteam führte die ersten Experimente mit Zebrafischembryonen im Jahr 2023 durch, und die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Methods“ veröffentlicht. Anschließend wurde die Software auf Organoide erweitert, biomimetische Gewebe, die aus menschlichen Stammzellen im Labor gezüchtet werden und als Modell für die Arzneimittelforschung dienen können.
Mit der Unterstützung des ERC wird das Team von Müller das KI-Modell von EmbryoNet weiter verbessern, seine Funktionen erweitern und plant, eine Online-Plattform einzurichten, damit weltweit Anwender auf die Software zugreifen können. Durch die enge Zusammenarbeit mit anderen Forschern, Industriepartnern und den zuständigen Aufsichtsbehörden möchte das Team sicherstellen, dass die Plattform die Benutzeranforderungen und die gesetzlichen Bestimmungen erfüllt und EmbryoNet letztendlich zu einem marktfähigen Produkt wird.
Die vollautomatische Funktion von EmbryoNet ermöglicht es Pharmaunternehmen, die Software direkt in ihren Forschungsprozess zu integrieren und Hunderte von Substanzen mit hohem Durchsatz zu testen, um schnell deren Auswirkungen auf bestimmte Organe oder Entwicklungsprozesse zu bewerten, ohne aufwendige Tierversuche durchführen zu müssen. Diese innovative Methode reduziert nicht nur die Anzahl der Tierversuche, sondern verkürzt auch die Entwicklungszeit von Arzneimitteln und senkt die Forschungskosten erheblich. Professor Müller ist der Ansicht, dass EmbryoNet langfristig die Arzneimittelentwicklung grundlegend verändern wird.